Evangelisch Reformierte Kirchgemeinde Mitlödi

Besinnung Oktober 2020

Besinnung im Oktober 2020 zum Reformationstag
„Wurzeln und Flügel“

Zu hören als Podcast unter Besinnung im Oktober 2020 zum Reformationstag

Der Friede Gottes sei mit euch. Amen
Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist,
welcher ist Jesus Christus. Amen

Mit diesem Wort aus dem 1.Korintherbrief 3, 11 unserer Bibel, begrüsse ich Euch herzlich
zu unserer Besinnung zum Reformationstag. Ende Oktober feiern die evangelischen
Christen mit dem Reformationsfest den „Geburtstag“ ihrer Konfession. Vor mehr als 500
Jahren, am 31.Oktober 1517, brachte Martin Luther in 95 Thesen seine Kritik gegenüber
der damals bestehenden Kirche zum Ausdruck, Die zentrale Erkenntnis Martin Luthers war
die Rechtfertigung des Sünders allein aus Gnade Der Mensch werde nicht durch seine
Werke gerechtfertigt, sondern allein aus Glauben, denn so schreibt der Apostel Paulus im
Römerbrief: «Ich rede aber von der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den
Glauben an Jesus Christus. Sie werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch
die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist.» ( Römer 3, 21 - 28 ). Amen

Wir loben Gott mit den Worten aus Psalm 46 Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine
Hilfe in den grossen Nöten, die uns getroffen haben. Darum fürchten wir uns nicht, wenn
gleich die Welt unterginge. Dennoch soll die Stadt Gottes fein lustig bleiben mit ihren
Brünnlein, da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind. Gott ist bei ihr drinnen, darum
wird sie festbleiben; Gott hilft ihr. Er ist mit uns, er ist unser Schutz und unsere Burg. Amen

Wir beten: Gott, ich werfe meine Freude wie Vögel an den Himmel. Deine Sonne hat den
Tau weggebrannt vom Gras und von unserem Herzen. Was da aus uns kommt, was da um
uns ist, das ist Dank. Das All und unsere Herzen sind offen für deine Gnade. ich freue
mich an der Schöpfung, und dass du dahinter bist und daneben und davor und darüber
und in uns. Die Psalmen singen von deiner Liebe, die Propheten verkündigen sie, und wir
erfahren sie. Gott, ich werfe meine Freude wie Vögel an den Himmel. Ein neuer Tag, der
glitzert, knistert und jubiliert von deiner Liebe. Halleluja

Impuls Wozu der Reformationstag denn heute noch gut sein soll, wurde ich gefragt.
Katholisch oder Evangelisch - Reformiert, das sei doch in der heutigen Zeit egal.
Natürlich. Doch es gibt Unterschiede zwischen der katholischen und der evangelisch -
reformierten Kirche. Und es ist gut, sie nicht zu vertuschen, sondern deutlich
auszusprechen. Aber das Gemeinsame der unterschiedlichen Konfessionen ist viel
wichtiger als das Trennende. Warum wir trotzdem den Reformationstag feiern ?
Weil Christen Wurzeln und Flügel brauchen.
Wurzeln, die hinabreichen in die Geschichte, die sich festmachen an dem, was andere vor
uns gedacht haben. Es ist gut, dass wir nicht alles selber neu denken und erfinden
müssen. Mit unserem manchmal eher schwächlichen Glauben stehen wir in einer Kette
der Tradition. Was andere vor uns geglaubt haben, kann uns manchmal über Glaubens-
löcher hinwegtragen.
Aber Christen brauchen nicht nur Wurzeln, sondern auch Flügel: die Kraft des Heiligen
Geistes, abzurücken vom Vertrauten und Gewohnten, abzuheben und Neues zu denken
und auszudrücken, die Perspektiven zu wechseln.
Wurzeln und Flügel. Der Reformator Martin Luther war ein Mensch, an dem wir beides
entdecken können, auch wenn er das sicher nicht so ausgedrückt hätte.
Wurzeln: das war Luthers Wiederentdeckung der alten Glaubenswahrheiten, der Bibel
selbst: «sola scriptura»; und weil die Heilige Schrift die einzige Grundlage ist, darum soll
jeder Christ sie lesen und verstehen können; soll neu entdecken, was verschüttet war; soll
zum Wachsen bringen, was trägt und hält: die Zusage der Gnade Gottes: Wir sind aus
Glauben gerecht, nicht aus Werken.
Aber Flügel hatte Luther auch gehabt. Das war sein Mut und seine Visionen. Das
Vertraute hat er ganz neu gesagt. Alte Zöpfe hat er abgeschnitten. Dem Volk aufs Maul
geschaut und das, was war, ziemlich durcheinander gewirbelt. Und vor allem: ganz auf
Gott hat er sich eingelassen und darum keinen anderen gefürchtet. Seine Flügel hat er
sich nicht beschneiden lassen. So sagte er: «Hier stehe ich, ich kann nicht anders.»
Wurzeln und Flügel. Vielleicht haben wir damit schon etwas verstanden von dem, was
damals geschah. Anders als das, was die Kirchentrennung und schon gar die Religions-
kriege bezwecken wollten, hat Martin Luther nur das eine gewollt: Dass wir uns neu
einlassen auf die grossen Fragen des Glaubens und des Lebens; und dass wir auch
wieder zu Antworten finden mit Wurzeln und Flügeln, die uns tragen und zugleich auch
abheben lassen; und auch Antworten finden wie diese: «Einen andern Grund kann
niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.» Amen

So beten wir: Allmächtiger Gott, du hast deine Kirche gewollt als eine Gemeinschaft von
Heiligen, weil du der Heilige, ihr Erlöser bist. Unser Gott, Du kennst uns, einen jeden von
uns. Du kennst all die Bitten, Wünsche, Vorsätze. Wir bitten dich, gib uns Kraft dazu, dass
sie sich erfüllen. Wir vertrauen auf deine Hilfe. Lieber Gott, wir vertrauen darauf, weil uns
Jesus Christus Mut gemacht hat in dir den Vater zu erkennen, der unsere Rettung will.
Gott, schenke uns deinen Heiligen Geist, damit wir mutiger bekennen, treuer beten und
fröhlicher glauben können; damit unsere Träume vom Leben in uns wachbleiben, dass wir
die Orte finden, wo unsere Träume vom Leben wachsen können. Gott, erfülle uns mit
deinem Geist, damit wir froh und dankbar unseren Alltag mit all seinen Pflichten und
Sorgen annehmen, damit wir keine Angst vor der Zukunft haben, sondern auf dich
vertrauen, der alles gut machen wird. Wir beten mit allen Christen der Welt:
Unser Vater im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme,
dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns
heute, und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern
und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen

Lasst Euch segnen: Gott segne dich und behüte dich.
Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Gott erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen.

Ich wünsche Euch eine zuversichtliche Zeit. Eure Almut Neumann